Ist Deutschland eine Demokratie?


Demokratie ist ein Wort, das Politiker der westlichen Welt gerne in den Mund nehmen. Egal ob es darum geht, das Politiker ihre Entscheidungen legitimiert sehen wollen, oder ob es darum geht, einen Krieg zu legitimieren. Doch was ist überhaupt Demokratie, gibt es Demokratie in der westlichen Welt und welche Rolle spielt das Geld?

1.) Was ist Demokratie?
2.) Ist Deutschland demokratisch?
2.1) Deutsche Politiker im Auftrag des Kapitals 
2.2.) Praktische Politik für das Kapital
3.) Ist die EU demokratisch?
3.1) Beispiel Lebensmittelampel
4.) Griechenland als "Wiege der Demokratie"?
5.) Krieg für Demokratie? Beispiel Irak.
6.) Zusammenfassung

Beginnen wir mit einer kurzen Aussage von Oskar Lafontaine zum Thema Deutschland und Demokratie.




Wer möchte, der kann auch dieses Interview mit Dirk Müller über die "Plutokratie Deutschland" anschauen, ansonsten gerne lesen :P


Was ist Demokratie?

Demokratie ist ein Wort aus dem Griechischem und bedeutet soviel wie „Herrschaft des Staatsvolkes“. Nun kann man dies auf verschiedene Weise interpretieren und eine mögliche Interpretation des Wortes Demokratie ist die repräsentative Demokratie, bei der jeder einzelne Abgeordnete die Interessen einer bestimmten Zahl von Bürgern vertritt, da es unpraktisch wäre, wenn jeder Einzelne ständig an allen politischen Entscheidungen teihaben würde.

Entscheidend für die Definition als Demokratie betrachtet man weithin allerdings nicht den Umstand, das Politik im Sinne des Volkes gemacht wird, sondern das folgende Faktoren erfüllt sind:

  • Freie Wahlen
  • Mehrheitsprinip
  • Minderheitenschutz
  • Akzeptanz der Opposition
  • Gewaltenteilung
  • Grundrechte
  • Bürgerrechte
  • Menschenrechte
  • Meinungsfreiheit
    Pressefreiheit

Es gibt auch Methodiken um den Grad der Demokratisierung anhand verschiedener Maßstäbe zu bestimmen, beispielsweise mithife des Demokratieindex. Nach den oben genannten Kriterien sähe das ungefähr so aus (wobei Norwegen als demokratischstes Land der Welt gelten würde):


Meine persönliche Definition von Demokratie kann - neben den vorab genannten Grundvoraussetzungen - aber nur sein, das die politische Entscheidungsfindung im Namen des Mehrheitswillen des Volkes erfolgt. Dies kann entweder durch direkte Demokratie gewährleistet werden, oder aber auch durch eine parlamentarische Demokratie, sofern die Unabhängigkeit der Gewissensentscheidung des einzelnen Abgeordneten gewährleistet ist.


Ist Deutschland demokratisch?

Artikel 20 Absatz 1 - Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
Auf dem Papier und auf den ersten Blick sieht das Grundgesetz gut aus. Die vorangehenden Artikeln befassen sich mit den Grundrechten der Deutschen, darunter beispielsweise das Recht auf Versammlungsfreiheit und auf die Unverletzlichkeit der Wohnung -  und der Pressefreiheit. Im Prinzip hört sich das gut an.

Nun kommen wir zu den realen Hemmnissen der deutschen Demokratie

Gewählt ist gewählt, Ihr könnt mich jetzt nicht mehr feuern, das ist ja das Geile an der Demokratie!
Es gibt die allgemeine und verbreitete Einschätzung, das Wahlversprechen durchweg gelogen sind. Man erinnere sich an das Versprechen der SPD
Mit uns wird es keine Mehrwertsteuererhöhung um 2 % geben!
Nun, Wort gehalten würde ich sagen, oder?

Doch damit nicht genug: Schauen wir uns an, wie viele Wähler eine Regierung tatsächlich wählen - aufgrund der gemachten Versprechen - also wie legitimiert die Regierung tatsächlich ist, wenn sie nicht lügen würde.

Es gibt für die kommende Bundestagswahl 61,5 Millionen Wahlberechtigte. Bei der letzten Bundestagswahl lag die Wahbeteiligung bei 44,3 Millionen Wählern, beziehungsweise 71,5 Prozent der Wahlberechtigten

Nicht-Wählen wird als Enthaltung gewertet, dabei sind viele Nichtwähler politisch motiviert und sind durchaus als Protest gegen das System zu verstehen, siehe Studie.

 (Mehrfachantworten möglich)
  • 34 %: Die Politiker haben kein Ohr mehr für die Sorgen der kleinen Leute
  • 31 %: Den Politikern geht es doch nur um ihre eigene politische Karriere
  • 24 %: Ich bin mit dem ganzen politischen System so unzufrieden, dass ich nicht zur Wahl gehe
  • 21 %: Die Parteien unterscheiden sich nicht mehr voneinander
  • 20 %: Es lohnt sich nicht zur Wahl zu gehen, weil man mit seiner Stimme ohnehin nichts bewirken kann
  • 18 %: Keine Partei vertritt meine Interessen



Nachdem die große Koalition eine bequeme Mehrheit hat und damit demokratisch legitimierter ist als viele vorangehende Regierungen, haben 2013 48,1 % der Wahlberechtigten der Regierung ihr Mandat erteilt.

Etwa 40 % der Wahlberechtigten haben keinen Abgeordneten in den Bundestag geschickt, weil sie eine Partei gewählt haben, die die Fünf-Prozent-Hürde nicht genommen hat, oder sie überhaupt nicht gewählt haben.

Insgesamt beträgt die Opposition also 51,9 % der Wahlberechtigten. Das Mehrheitsprinzip ist nicht erfüllt, allerdings näherungsweise. Aber führen wir den Gedanken weiter - warum könnte eine CDU - geführte Regierung, selbst wenn sie demokratisch legitimiert sei, nicht demokratisch sein?


Deutsche Politiker im Auftrag des Kapitals

2015 bezogen 156 Bundestagsabgeordnete ein Nebeneinkommen. Die Spitzenverdiener - und natürlich auch die größte Zahl der Politiker die ein Nebeneinkommen beziehen - sind die CDU-Politiker. Peer Steinbrück (SPD) landet auf Platz 12 - hinter 7 CDU und 4 CSU - Politikern. Das größte Nebeneinkommen betrug 1,1 Millionen Euro.

Allerdings ist vor dem Hintergrund fehlender Transparenz zu erwarten, das die Nebeneinkommen der Politiker in der Summe noch einmal 10 Millionen Euro höher liegen. Selbst wenn Politiker unbefangen von diesen finanziellen Zuwendungen Politik machen, gibt es immer noch das Thema des Lobbyismus. Nicht umsonst ist von der "Autokanzlerin" die Rede - und Gerhard Schröder (SPD) wechselte unlängst zu Rosneft. Schröder selbst hatte damals im Namen der Bundesrepublik engere Geschäftsbeziehungen zum autoritär-oligarch geführtem Russland gepflegt und wurde dafür nach seiner Ablösung durch Angela Merkel mit entsprechenden Posten belohnt.


Alleine 706 Lobbyisten haben einen Hausausweis für den deutschen Bundestag, insgesamt dürften gut 2000 Personen in Berlin sich für die Interessen privater Gesellschaften einsetzen. In Brüssel sind ungefähr 20.000 Lobbyisten aktiv. Insbesondere die CDU sträubt sich gegen ein Register für Lobbyisten, was nicht sonderlich verwunderlich sein dürfte.

Insbesondere in Brüssel ist Lobbyismus ein riesiges Problem, denn hier können Lobbyisten Änderungsanträge einreichen, die dann oft genug angenommen werden. Beispielsweise gab es zum Thema Landwirtschaftssubventionen 8.000 Änderungsanträge.

Und nun zum letzten Punkt: Parteidisziplin. Wikipedia hierzu

Parteidisziplin ist die Unterwerfung des Parteimitglieds unter die Beschlüsse der Partei auch gegen eigene Überzeugungen.
Demnach ist die Freiheit der Gewissensentscheidung des einzelnen Abgeordneten nicht gegeben. Es wird innerparteilich auch nicht über jedes Thema abgestimmt. Daraus folgt, das die Parteiführung Beschlüsse fassen kann die dann mithilfe der Parteidisziplin durchgeboxt werden, auch wenn die Beschlüsse nach einer freien Gewissensentscheidung der Abgeordneten nichtmal in der eigenen Partei eine Mehrheit finden würde. 

Jetzt kommen wir noch dazu, wie Parteien ihre Entscheidungsfindung von privaten Akteuren abhängig machen könnten. Private Parteispenden. Dieses Jahr haben CDU / CSU und FDP 93 % der Großspenden ab 50.000 Euro erhalten. Das gerade diese Parteien die Interessen der oberen zehn Prozent vertreten ist offenkundig. Der Machterhalt ist nicht zuletzt auch eine Frage des Geldes - und die Abhängigkeit dieser beiden Parteien vom Großkapital macht sie meiner Meinung nach schon von vorneherein unwählbar - außer man steht auf Umverteilung von unten nach oben. Selbst wenn die Parteien ihr Programm nicht abhängig machen von den Wahlkampfspenden - so ist doch offenkundig, wem es nützen wird, wenn CDU und FDP regieren.

Fassen wir zusammen: Parteidisziplin, Lobbyismus, Korruption, Wahlbeteiligung bei 71,5 %, Wahlampfspenden, Lügen bei den Wahlversprechen - all diese Demokratiehemmnisse verhindern, das die parlamentarische Demokratie Entscheidungen im Sinne der Mehrheit des Volkes trifft. Und das sieht man auch an dem wirtschaftlichen Auseinanderdriften einer größer werdenden Unterschicht (40 % des Volkes haben 0 Euro Vermögen) und einer reicher werdenden Oberschicht (die oberen 10 % werden jährlich 4 % reicher).


[1] Nebeneinkünfte der Politiker - Focus - 03.08.2015
[2] Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (pdf) Stand 2014
[3] Bundeswahlleiter: 61,5 Millionen Wahlberechtigte
[4] Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen
[5] Wahlergebnis 2013 exkl. und inkl. Nichtwähler
[6] Lobbyismus in Berlin und Brüssel
[7] Großspender füllen die Wahlkampf-Taschen von Union und FDP

 

Praktische Politik für das Kapital 

Wenn die Politik vor Allem die Interessen der Kapitalbesitzer im Auge haben, müsste man das ja in der Praxis sehen können. Kann man das? Und wie. So gut wie jede politische Entscheidung der letzten 16 Jahre hat die Ärmsten über die Maßen belastet und die Reichsten meist ungeschoren davon kommen lassen.

Verschiedene Beispiele
Riester-Rente ; Bankenrettung ; "Griechenland"rettung ; Deckelung der Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung ; Erneuerbare - Energien - Gesetz ; GEZ - Zwangsabgabe ; Praxisgebühr (Abgeschafft); GKV-Modernisierungsgesetz, Abgeltungssteuer

Mehr Infos zu einzelnen Punkten folgen in eigenen Beiträgen.


Krieg für Demokratie am Beispiel Irak 

Wir helfen dem irakischen Volk, eine Demokratie im Herzen des Nahen Ostens aufzubauen

Nach dem Irak-Krieg gab es fünf Millionen Flüchtlinge. Insgesamt starben mindestens 110.000 Zivilisten bei der Niederschlagung der Unruhen nach der US-Invasion.

In einem Teil des Landes konnte der islamische Staat aufgrund der strukturellen Schwäche des neuen Staates einen Sharia-Gottesstaat errichten.

Und auch der bis 2014 amtierende Präsident Maliki war kein demokratischer Führer, sondern stützte sich auf die Unterstützung durch die schiitische Mehrheit und berücksichtigte nicht die Interessen der Minderheiten.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse im Irak sind die eines Entwicklungslandes und auch die Sicherheit ist nicht gewährleistet. War der Krieg für die Demokratie ein Erfolg? Ich glaube nicht. Aber die USA lernen daraus nicht, sondern spielen weiter Weltpolizei im Namen der Demokratie. Und auch die USA sind mit ihrem Zweiparteiensystem und den hohen finanziellen Hürden die an ein politisches Engagement geknüpft sind eher soetwas wie eine theokratische Oligarchie. Man könnte das jetzt weiter führen und fragen, warum der nahe Osten überhaupt derart instabil ist und dann Fragen stellen über den Sturz Mossadegh's durch die CIA und die Bewaffnung der Taliban sowie die Waffenlieferungen an beide Seiten im Iran-Irak-Krieg, aber naja, fassen wir zusammen wenn es um Krieg geht und enden mit einem weiterem Bush-Zitat:
 Ich glaube, Krieg ist ein gefährlicher Ort

Zusammenfassung






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