Bundestagswahl 2017 - Sonntagsfrage und Koalitionen


Hallo liebe Leser,

am Sonntag ist ja die nächste Bundestagswahl. Vermutlich die Letzte, die für vier Jahre die Geschicke unseres Landes bestimmen wird.

Ab 2021 wird aller Voraussicht nach nur noch alle fünf Jahre gewählt. Für das noch-weniger an Demokratie wird hierbei mit praktischen Gründen argumentiert, was natürlich fadenscheinig ist, denn wenn Wahlkampf und Regierungsbildung eine zeitlang zu politischem Stillstand führen, könnte man den Abgeordneten auch die Sommerpause streichen statt die Bürger noch ein Stückchen mehr zu entmündigen. Aber wie dem auch sei.

Quelle: welt.de Bundestagswahl ab 2021 nur noch alle 5 Jahre
Aber wie dem auch sei, jedenfalls rechnet man ja kaum mit großen Überraschungen bei der kommenden Wahl. Trotzdem ist es ja interessant sich darüber Gedanken zu machen, oder in der Retrospektive nachschauen zu können, was man vor der Wahl gedacht hat.

Die Sonntagsfrage am 22.09.2017

Quelle: Wahlrecht.de

CDU / CSU und SPD verlieren im Vergleich zur letzten Bundestagswahl voraussichtlich klar an Stärke. Nach phänomenalen 41,5 % im Jahr 2013 könnte die CDU bis zu 8 Prozentpunkte einbüßen. Die CDU profitiert dabei davon, das die Wähler über 60 selten ihre Wahlgewohnheiten ändern und traditionell in überwältigender Zahl CDU wählen, während sie bei den Unter-25-Jährigen deutlich schwächer wäre. Die verbliebene Stärke der CDU beruht also nicht auf ihrer guten Politik die eine breite Zustimmung findet, sondern lässt sich primär durch das Wahlverhalten der Alten erklären.

Die SPD ist eine tranditionelle Arbeiterpartei - und ist auch deswegen noch eine Kraft mit der man rechnen muss. Nach den Schröder-Jahren die eine Redensart aus der Nachkriegszeit des ersten Weltkriegs zurück brachte ("Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten") fand die SPD nie wieder zu alter Stärke zurück. Und Martin Schulz hat es versäumt, klare Zusagen zu machen und sich eines Populismus zu bedienen der notwendig gewesen wäre um ihn vor Angela Merkel in Führung zu bringen. Die Medienberichterstattung nimmt Schulz zudem aufs Korn und eine SPD-geführte Regierung scheint eine aussichtslose Perspektive zu sein, dadurch ist viel des frühen Schulz-Elans verpufft. Schröders Politik hat die SPD also nach der Wahl für zwei ganze Dekaden geschadet, fraglich, ob es 2012 wieder besser wird.

Die Grünen wurden auch durch die erstarkte AfD massiv angegriffen. Die Partei wird zudem zunehmend mit Themen in Verbindung gebracht, an denen der Durchschnittswähler kein Interesse hat. Außerdem sind die Grünen, obgleich sie gesellschaftspolitisch äußerst links zu verorten sind, eine wirtschaftsliberale Systempartei und eignet sich damit nicht für Protestwahlen.

Die FDP hat Alles richtig gemacht. Nachdem sie im letzten Bundestag nicht vertreten war und mit der One-Man-Show Christian Lindner ein charismatisches Gesicht bekommen hat, ist sie mit Linken und AfD immer noch im Rennen um Platz 3. Zwischen 9 und 11 Prozent scheinen realistisch. Und das, obwohl aktuelle Probleme eigentlich eher totgeschwiegen werden, dafür ist die FDP eine zukunftsorientierte Partei. Ihre extreme Nähe zur Wirtschaft und Großspendern lässt zwar erwarten, das die FDP wie die CDU keine bürgerfreundliche Politik machen würde; die Präsentation ist aber gelungen.

Die Linke. Immer noch als SED-Nachfolgepartei verschrien schafft es die kämpferische Rhetorik von Sarah Wagenknecht und ihrer Partei nicht die Massen zu mobilisieren. Nach 8,6 % im Jahr 2013 könnte die Linkspartei zwar deutlich an Stärke gewinnen (9-11%), aber die Schwäche der SPD macht eine mögliche Regierungsbeteiligung mehr als unwahrscheinlich. Möchte die Linke eine Kraft werden an der man nicht vorbei kommt, dann muss sie es schaffen, sich endlich als Nachfolger des linken SPD-Flügels ins Bewusstsein der Menschen zu brennen und negative Assoziationen an den Kommunismus der keiner war abschütteln.

Nachdem die AfD in den letzten Monaten eher geschwächelt hat und mit 8 % gehandelt wurde, scheint jetzt ein Ergebnis zwischen 10 und 13 % wahrscheinlich. Dies wäre phanomenal zu dem Wahlergebnis von 2013 und liegt sicherlich in der Flüchtlingskrise begründet. Natürlich werden politische Extreme aber auch durch die Schröder-Merkel-Politik (wo es eigentlich keinen Unterschied gibt, Pro-Kapital und Anti-Bürger) begünstigt, denn die wirtschaftliche Kraft fließt zunehmend von unten nach oben (Obere 10 % jedes Jahr 4 % mehr, untere 50 % stetig ärmer) und produziert gesellschaftliche Verlierer. Diese sehen im AfD-Populismus die Rettung. Tatsächlich liest sich das AfD-Parteiprogramm gut, wenngleich man natürlich übersehen kann, das es keinen Vorschlag zur Gegenfinanzierung gibt, aber Mehrkosten in dreistelliger Milliardenhöhe zu erwarten wären. Also purer Populismus mit Nationalismus. Und am Ende ist die AfD vermutlich noch schlechter für die kleinen Leute als die CDU, denn Dinge wie ein Einheitssteuersatz begünstigen immer die Reichen, während die AfD als reaktionäre Kraft stets nach unten tritt. Dafür ist sie die einzige Partei, die noch klar konservative Werte vertritt und damit für Spießbürger die einzige Wahl. Auch Rassisten wählen natürlich oft AfD, denn die NPD zieht nicht ins Parlament ein, aber Onkel Höcke ist ja da. Ich möchte aber betonen, das ich die AfD nicht für eine Nazi-Partei halte, sondern für eine nationalkonservative wirtschaftsliberale und gesellschaftspolitisch reaktionäre Partei mit rechtspopulistischen Elementen.

Mögliche Koalitionen

Die wahrscheinlichste Koalition ist natürlich wiedereinmal Schwarz-Rot (Große Koalition). Besonders die Existenz der AfD verhindert jede andere Regierungsbildung, da sie im reaktionärem Lager sitzt und als koalitionsunfähig gilt und es bei Weitem nicht für Rot-Rot-Grün (R2G) reicht, kommen eigentlich nur noch drei mehrheitsfähige Regierungen in Frage:

Jamaika (CDU-FDP-Grüne)
Christian Lindner hat aber auch hart Stimmung gegen die Grünen gemacht und hat angekündigt, über einen Koalitionsvertrag abstimmen zu lassen und nur eine Regierungserklärung mitzutragen, die die klare Handschrift der FDP trägt. Hierdurch wäre diese Regierungsbildung schon schwierig.

R2G2 (Doppelrote Ampel)
Die FDP wird wohl kaum mit den Linken koalieren, es gäbe schon genug Palaver wenn es für R2G reichen würde.

Große Koalition
Auch wenn Schulz Merkel kürzlich noch die Juniorpartnerschaft anbot, so sind die Unterschiede zwischen CDU und SPD überschaubar. Die SPD schreibt nichtmal mehr eine Vermögenssteuer in ihr Parteiprogramm, was offensichtlich macht, das die SPD keine Partei ist, die wirklich an Gerechtigkeit interessiert ist. Zwischen CDU und SPD geht es nur mehr um Nuancen und das Gleichgewicht der Kräfte könnte die nächste Regierungszeit etwas stärker durch die SPD zeichnen lassen.

Überraschungen

Egal ob Brexit oder US-Präsidentenwahlen: In letzter Zeit versagten Meinungsforschungsinstitute häufig. Es gibt die Theorie, das die Umfrageergebnisse eine Art psychologischer Kriegsführung sind. Man versucht, das gewünschte Ergebnis zu erreichen, indem man tendenziöse Umfrageergebnisse veröffentlicht. Zumindest aber sind Umfragen nicht repräsentativ, denn wer wurde schon einmal selbst gefragt? Daraus folgt, das die Ergebnisse immer einer Ungenauigkeit unterliegen müssen und es auch angesichts vieler Unentschiedener und potentieller Nichtwähler möglich ist, das sich eine überraschende Dynamik ergiebt. Hiervon könnte meiner Meinung nach vor Allem die AfD profitieren. Insgesamt aber ist zu erwarten, das es für eine große Koalition reichen wird und dies die einzige realistische Regierung sein kann. Auch wenn ich bei dem Gedanken an weitere 4 Jahre rumgemerkel nur den Kopf schütteln kann... scheint dies das Wahrscheinlichste.

Jetzt warten wir aber erstmal ab :P





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